Wandern statt Wassersport auf Krk in Kroatien

Steile Felsenwand statt Strand, Wandern statt Wassersport, Ruhe statt Rummel. All dies suchte ich bei meiner Tour von Baška in Kroatien. Eigentlich waren wir Ende August als Familie auf die Insel Krk gereist, um einen entspannten Badeurlaub zu verbringen. Doch die Berge, die fast direkt hinter unserem Stamm-Strand beginnen, waren zu verlockend.
Wegen der strammen Temperaturen schon ab dem Vormittag breche ich um kurz nach 5.30 Uhr auf. Ich habe mir mit Hilfe einer Gratis-Touristik-Sport-Karte eine Rundwanderung zusammengestellt. Zunächst möchte ich von der Küste weg das langgestreckte, von felsigen Hügeln umrahmte Tal von Baška ein Stück hinauf wandern. Dann plane ich einen der mehreren Anstiege hoch auf den westlichen Kamm zu nehmen. Nach einem Gipfelsieg soll es auf der Höhe zurück zum Meer gehen. Da ich traditionell keine Handy-Daten-Flatrate habe und mich nicht auf ein langsames Netz verlassen möchte, bin ich auf analoge Hilfsmittel angewiesen.

Anstieg in den ersten Sonnenstrahlen, Foto: Carsten Mey

Die ersten Sonnenstrahlen begrüßen mich

Bei meinem Aufbruch ruht der sonst so quirlige touristische Ort noch. Wie geplant folge ich erst einem Radweg, der mich schnell von der Küste Richtung Landesinnere führt. Zügig geht es am Fluss Vela entlang, der das Tal von Baška entwässert. Hier in Küstennähe ist er in einen wenig lauschigen Kanal gefasst. Planmäßig verlasse ich den Radweg nach kurzer Zeit, um auf einem Lehrpfad parallel zur Felsenstufe weiterzuwandern. Dieser ist zunächst gut beschildert, so dass ich die Strecke vorbei an Weinreben und Schafsweiden genießen kann. Als der Lehrpfad im rechten Winkel auf eine schmale Fahrstraße trifft, ist kurz Orientierungssinn gefragt, denn scheinbar fehlt hier ein Wegweiser. Privatgelände und Weideflächen versperren den für mich logischen Weiterweg. Meine zu wenig detaillierte Karte zeigt mir immerhin, dass nach rechts Richtung Landstraße sicher die falschere Variante ist. Insofern laufe ich mit mulmigen Gefühl nach links in Richtung einiger Häuser. Die Straße macht nach einigen Metern eine Biegung, so dass ich kurz wieder auf die Küste zulaufe. Erst als im Kern der Ansiedlung ein weiteres Schild des Lehrpfades auftaucht, bin ich beruhigt. Ab jetzt besteht die größte Herausforderung bei der Orientierung darin, dass die Nummern der Wanderwege von der Karte nicht auf den Wegweisern auftauchen. Immerhin sind die nächsten markanten Punkte mit Entfernungsangaben zuverlässig ausgeschildert.

Erste Fernblicke in Gipfelnähe, Foto: Carsten Mey

Ein anspruchsvoller Weg

Im Örtchen habe ich die erste menschliche Begegnung des Tages: ein Hundehalter führt seinen Liebling Gassi. Vorbei an dem für die Küstenregion typischen Mix aus kleinen Häuschen und großen Pensionen – teilweise mit eigenem Pool – geht es zum ersten Mal etwas nach oben. Als letzte Sehenswürdigkeit des Lehrpfades passiere ich einen steinernen Unterstand für Schäfer. Bei zunehmender Steigung verlasse ich den Lehrpfad und gehe weiter auf Weg 3 – zumindest laut meiner Karte. Diese beschreibt den Weg als „anspruchsvoll“ und rät dazu, ihn möglichst in der Gruppe zu gehen. Die Serpentinen durch die Felsenwand sind zwar spannend, die über mir kreisenden großen Vögel könnten Geier sein, dennoch ist der Weg so gut angelegt, dass zu keinem Zeitpunkt Gefahr aufkommt. Die häufig zitierte gewisse Trittsicherheit und Schwindelfreiheit kann jedoch für entspanntes Wandern nicht schaden. Nach rund zwanzig Minuten alpinen Genusses stehe ich an der Passhöhe Prijevoj Vratudih. Hier sorgt der Anblick einer Hochspannungsleitung für Ernüchterung, die ersten Sonnenstrahlen und der fantastische Ausblick ins Tal und zum Meer dagegen für Freude. Wenig fesselnd geht es dann zum Veliki Hlam, meinem vorher angepeilten Hauptziel. Der stolze „Gipfel“ ragt 482 Meter über Meereshöhe. Da die Landschaft den Charakter einer Hochebene hat, sind die Berge wenig markante hügelartige Erhebungen. Wie erhofft habe ich vom Veliki Hlam aber eine schöne Rundumsicht. Zum Beispiel nach Norden zum Obzova, mit 552 Meter der höchste Berg der Insel Krk, den wir einige Tage zuvor als Familie mit einer entspannten längeren Rundwanderung von einer Passhöhe aus erlaufen haben. Anders als an diesem Tag bläst heute der für die Region typische Bora kaum, so dass ich an der obligatorischen Steinpyramide eine längere Gipfelrast machen kann. Der Bora ist ein starker Fallwind, der an Küsten auftritt, und die Landschaft auf Krk stark prägt.  

Tiefblick auf Baška, Foto: Carsten Mey

Stille Begegnungen

Kurz nach meiner Pause treffe ich gegen 7.30 Uhr den ersten weiteren Wanderer. Wie auch bei meinen wenigen späteren Begegnungen bleibt man eher schweigsam. Zurück an der Passhöhe kreuze ich noch mal meinen Aufstiegs-Pfad und laufe weiter auf Weg 14. Dieser führt meist am Grat zum Tal entlang und zwar abwechselnd vor und hinter einer Steinmauer, welche das Weideland der Hochebene vom Abhang abgrenzt. Schafe, Ziegen oder gar Kühe sind allerdings auf der karstigen Hochebene nicht zu sehen. Der Weg ist luftig, abwechslungsreich aber weiter ohne Gefahr. Ab jetzt kann man sich eigentlich nicht mehr verlaufen, da man zunächst nur geradeaus Richtung Meer gehen muss. Insofern könnte man den offiziellen Weg auch verlassen, wenn der Abgrund zu nah für den persönlichen Geschmack kommen sollte. Da die Wegführung aber immer dann von der Kante wegführt, wenn es steiler wird, ist Trittsicherheit nur notwendig, um gut durch das spitze Gestein zu kommen, das wie übergroße Stacheln aus dem Boden ragt. Will man den Markierungen folgen, muss man nun öfter an unscheinbaren Minifelsen auf Fersenhöhe danach suchen. Denn das Geläuf lässt den Weg oft nur noch erahnen. Zudem wird man ständig von neuen Variationen des Panoramas abgelenkt. Diese Aussicht! Das Meer. Bisher nicht entdeckte Buchten. Der Blick hinüber zum Festland. Nachbarinseln, die sich von anderen Seiten zeigen. Wunderbar.

Zurück an der Passhöhe, Foto: Carsten Mey

What goes up must come down

Je näher ich der Küste komme, desto häufiger gibt es Steinpyramiden an markanten Stellen der Klippe oberhalb von Baška. So ist es mir auch nicht möglich, den Haufen zu finden, der mich von unserer Unterkunft aus gelockt hat und den ich als weiteres inoffizielles Ziel im Auge hatte. Zwei Punkte auf der Karte entpuppen sich nicht als Gipfel, sondern „nur“ als Aussichtspunkte. Meine treue Wegbegleiterin hat mir hier Stempel versprochen, doch genau wie an anderen in der Karte eingezeichneten Stellen zuvor fehlt davon jede Spur. Immer wieder locken Tiefblicke, Baška rückt näher. Es kreuzen weitere Wegoptionen zurück ins Tal oder zur westlichen Küste der Insel. Der Wind hat aufgefrischt, die Beine sind müde. Ich entscheide mich deshalb gegen den (laut Karte) „sehr schwierigen“ direkteren Abstieg und folge dem Kamm weiter in der Höhe an Baška vorbei, bis ich an eine große Weg-Kreuzung komme. Es folgt eine kurze äußerst alpin anmutende Passage durch Geröll abwärts zum Küstenweg, der erst aussichtsreich oberhalb der Steilküste entlang führt und schließlich am Strand von Baška endet. Dort freue ich mich, gegen 9.45 Uhr meine Familie zu treffen. Und auch schon viele – sehr viele – andere Menschen.

Gipfelpyramide mit Aussicht, Foto: Carsten Mey

Insgesamt war die Tour rund 15 Kilometer lang und hat mit Pausen etwas über vier Stunden gedauert. Es war hilfreich, schon vorher eine gewisse Orientierung zu bekommen und auch schon eine längere Wanderung gemacht zu haben. Mir erschien die Einschätzung der Schwierigkeiten durch meine Karte eher vorsichtig.

Das umfangreiche Wegenetz und die grundsätzlich gute Beschilderung bieten viele interessante Wander-Varianten und zahlreiche attraktive Möglichkeiten, die Gegend um Baška auf der Insel Krk zu Fuß zu entdecken.